Tipps

I Von der Idee zum Hörstück in 8+1 Schritten


Um ein Gefühl dafür zu kriegen, was alles möglich ist, sollte man unbedingt mal und immer wieder die Ohren aufsperren und natürlich auch in die verschiedenen Hörfunkprogramme hinein hören – solange es sie noch gibt. Am ehesten helfen die sogenannten Kulturprogramme und dort die Hörspiel- und Feature-Redaktionen. Da kann man schon eine Menge lernen. Man überlege, wie die Stücke, die dort zu hören sind, so gemacht sind, wie erzählt wird und mit welchen Mitteln.
Außerdem kann man grundsätzlich die Ohren spitzen bei allem was man tut und einen umgibt. Das mag auch manchmal nerven, zeigt einem aber, welch verschiedene Arten von Klängen und Geräuschen überhaupt existieren. Man kommt ihren Klangeigenschaften schnell auf die Schliche, wenn man versucht, das Gehörte mal mit eigenen Worten zu beschreiben. Oder man geht zu seinen Eltern oder Freunden und erzähl ihnen ganz ausführlich, was so alles über den Tag zu hören war und wie es klang. Die erfreuen sich bestimmt an solch audiophiler Hingabe!
Was gibt es zu erzählen und was will man davon verdichten. Sobald man eine inhaltliche oder sonstige Idee hat, geht es darum, auch eine passende Form zu finden. Ganz unterschiedliche Stilmittel stehen zur Verfügung. Man kann seine Idee mit Hilfe von Musik, Texten, Geräuschen usw. umsetzen. Man kann lesen, inszenieren, musikalisieren und collagieren. Hilfreich ist es, sich immer wieder vorzustellen, wie das fertige Hörstück klingen soll, ob es tanzbar sein soll oder narrativ oder so.
Um eine Ideen zu konkretisieren, sollte man den zeitlichen und inhaltlichen oder musikalischen Ablauf aufschreiben, bzw. skizzieren. Das nennt man Storyboard, bzw. Partiturskizze. Das geht – ganz grob – so: Man schreibt erst mal alles auf, was zu einem selbstgesuchten Thema einfällt. Ruhig richtig schön durcheinander. Alles ist erlaubt. Dabei kristallisiert sich nach und nach sicher die Idee heraus, die als am wichtigsten erscheint. Diese Kernidee nimmt man und überlegt, wie sie innerhalb welcher Zeit erzählt werden kann. Dann detaillierter, was in welcher Minute passiert – ob die Spannung steigen soll, oder gleichbleibt. Das nennt man Dramaturgie. Gut ist es, sich einen Plan zu machen. Am Ende hat man eine Liste, in der Szenen, Ideen, Geräusche, Text und die geschätzte Zeitdauer verzeichnet sind – die Arbeitsgrundlage für die Realisation.
Dabei hat sich heraus gestellt, welche Sounds man benötigt. Außerdem merkt man, wo die Story noch klemmt. Damit auch andere Leute Spaß an dem Hörstück haben, kann man sich einfach auch mal die Zuhörer vorstellen: verstehen sie die Idee auch ohne spezielle Vorkenntnisse? Anregungen hierzu sind auch unter dem Stichwort „Facetten des Hörspiels“ im Menuepunkt THEORIE.
Im Soundarchiv wählt man die Grundgeräusche aus und lädt sie in einen Ordner der Festplatte. Dann schaut man, welche Sounds noch fehlen. Diese muss man dann selbst produzieren oder anderswo im Netz finden. Man kann aber auch sehr frei assoziieren, d.h. gar nicht im Sinne der reinen Illustration 1:1 nach beispielsweise einem bestimmten Türgeräusch suchen, sondern auf Basis der angedachten Funktion des Geräusches (Öffnen, Betreten eines neuen Raumes, Übergang in eine andere Sphäre u.s.w.) überlegen, welche anderen Geräusche den gewünschten Vorgang repräsentieren könnten. Dabei hilft vielleicht ein Blick in die Schlagwortliste der hoerspielbox, denn da finden sich lauter Begriffe als Türen zu ungewohnten Klangkonstellationen.
Eigene Tonaufnahmen kann man wie unter „Produktionstechnik“ beschrieben herstellen. Das Format, das die Bearbeitungsprogramme normalerweise brauchen, damit die Tonqualität halbwegs erhalten bleibt, ist WAV in CD-Qualität, d.h. 44,1 KHz bei 16 bit. Damit sollte mindestens gearbeitet werden.
Sollten jetzt noch Sounds fehlen, ist es auch möglich, Musikausschnitte o.ä. von CDs herunterzuladen. Da das aber für die weitere Verbreitung eines Hörstückes (z.B. im Radio oder im Netz) nicht ganz unproblematisch ist, sollte man in diesem Falle unbedingt lesen, was hier unter „Rechte“ notiert ist. Ungefährlicher ist es, die Sounds aus dem Archiv zu verwenden oder eben selber welcher herzustellen.
Einfach mal „Audioeditor“ und „Freeware“ in eine Suchmaschine und schon hat man die Qual die Wahl. Audacity ist z.B. ein beliebtes Programm zur Bearbeitung und Mischung von Soundsamples.
Jetzt liegt ein ganzer Ordner voller Audiodateien auf der Festplatte des Computers. Die Komposition kann beginnen. Mit einem Programm freier Wahl kann man die Audiodateien mehrspurig mischen, d.h. man setzt die Soundfiles hintereinander und übereinander, hört immer mal wieder das Zwischenergebnis an und ändert alles so lange, bis man mit dem Ergebnis zufrieden bist. Schon ist das Hörstück fertig.
MP3 ist ein komprimiertes Netzformat für Audiodateien. Es hat den Vorteil, dass Musikdaten als MP3 relativ wenig Speicherplatz brauchen und dadurch sogar per e-mail verschickt werden können. Trotzdem bleibt die Originalton-Qualität fast erhalten – naja fast halt. Eine drei Minuten lange Audiominiatur ist als MP3 (bei 128 kbps) ca. 2,3 Megabyte (MB) groß. Stücke in Stereo sollten mindestens mit 128 kbps aufgelöst werden. Besser sind 256 oder 320 kbps. Sogenannte Konvertierungsprogramme findet man auch über das Netz.
So richtig abgeschlossen ist es aber erst, wenn es mal durch andere Ohren geflossen ist als die eigenen, oder? Also hochladen und Tee trinken bis die ersten Fans sich melden.
Viel Glück!

 

II Produktionstechnik: Tonaufnahmen selbst herstellen

Ein Schnupperkurs von Dr. Arno Amian

 

 

Sounds gibt es überall. Man braucht bloß einmal einen harten Gegenstand in den Fernseher zu werfen, um das zu testen. Kleiner Tipp: die alten Röhrenfernseher klingen kurz nach Einschlag des Steins klarer, knackiger und sind vor allem in ihrem Auflösungsprozess viel imposanter anzuhören als ein schnöder Flat-Screen. Am besten man hört aus sicherer Entfernung, weil – vom klasse Knall ermutigt – sicher ein paar Teile durch die Gegend fliegen werden. Allen solchen Sounds ist gemein dass sie flüchtig sind, d.h. sie sind kurz da und dann schon wieder weg.
Also wie hält man so einen Sound fest und wie kommt er in den Rechner?

 

Dazu braucht man ein Mikrofon und ein Zwischenspeichermedium:

 

Früher war das die Wachsrolle, die Platte, das Tonband, der Minidisk-Recorder, Kassettenrekorder, das Digital Audio Tape (DAT) oder der Hard Disk-Recorder (HD).
Heute nimmt man am besten einen so genannten Handheld-Recorder mit SD-Card, das Handy oder gleich den eigenen Computer.

 

Am Computer braucht man einen Soundeingang für das Mikrofon. Soundkarten haben direkt einen passenden Stecker dafür. Meistens ist auf der Rückseite des Computers eine Buchse (Eingang) für MIC oder ein kleiner Klinkenstecker für LINE-IN. Im Computer-System befindet sich außerdem ein Programm, mit dem man die Eingangs-Lautstärken für alle möglichen Kanäle (normalerweise zwei) genau regeln kann. Das geht über die Menue-Befehle OPTIONEN / EIGENSCHAFTEN / AUFNAHME. Also: irgendeine Recording-Software starten, in das angeschlossene Mikrofon sprechen und ein bisschen rumprobieren.

 

Sounds, die sich nicht in unmittelbarer Nähe des Computers befinden, kann man mit einem der oben genannten transportablen Aufnahmegeräte mit einem Mikrofon verbinden und aufnehmen. Das hat den Vorteil, dass die Laufgeräusche des Computers (Gebläse usw.) nicht mit aufgenommen werden, und eben auch draußen in der Welt nach interessanten Klängen und Geräuschen gesucht werden kann. Die Aufnahmen bitte dann über ein passendes Kabel und die LINE IN – Buchse der Soundkarte auf den Computer überspielen. Oder man nimmt einfach die SD-Karte aus dem Rekorder und überspielt die Sounds direkt an eine geeignete Stelle auf der Festplatte. Dabei gilt wie immer: Probieren geht über Studieren.
Der gute Tipp: Gespräche von anderen Menschen aufzuzeichnen ist nicht erlaubt und wird im Zweifelsfalle als Datenschutzverstoß geahndet. Also immer erst mal die Leute fragen, deren Gespräche man aufzeichnen will!

 

Die Aufnahmen dürfen nicht übersteuert und sollten möglichst frei von lästigem Rauschen sein.
Früher hat man analog aufgezeichnet, dann bedeutete „Übersteuerung“ eine verzerrte Aufnahme. Im Visuellen könnte man das mit einem stark verwackelten Bild vergleichen, in dem die eigentlichen Strukturen undeutlich sind. In der visuellen Bildbearbeitung kann man das manchmal noch ausgleichen, in der auditiven aber nicht: eine verzerrte Aufnahme bleibt verzerrt.
Heute sind eigentlich alle Aufnahmegeräte digital, das heißt die akustische Information des Sounds wird in einen Zahlen-Code aus Einsen und Nullen übersetzt (codiert) und dann vom Abspiel- oder Bearbeitungsgerät zurückübersetzt (decodiert). Übersteuerte Impulse, beispielsweise das WUMMS einer zuknallenden Tür, werden in der digitalen Aufzeichnung nicht vom Codierungsverfahren erfasst, existieren also nicht oder erklingen als Loch, das sich wie ein klippendes Störgeräusch äußert und deshalb auch „clip“ genannt wird. Ver-clipte Aufnahmen kann man in der Regel in die Tonne hauen, also gilt es genau zu überlegen was aufgenommen werden soll und wie laut es wohl wird. Dementsprechend ist die Sensibilität des Aufnahmegerätes einzustellen – in Abhängigkeit der Sensibilität der angeschlossenen Mikrophone.
Zu leise sollte man auch nicht aufnehmen, weil sonst – beim nachträglichen „hochpegeln“ – ein lästiges Rauschen die Freude verdirbt. Bei allem gilt, dass etwas Übung schnell die Kniffe klar werden lässt.
Je näher man an die Schalquelle heran geht, desto deutlicher das Signal aber umso größer auch die Gefahr zu übersteuern.
Bei Außenaufnahmen ist auch der Wind häufig ein Problem: trifft er direkt auf die Mikrophonkapsel, rummelt und wummert es, und übersteuern tut es auch, so dass der Ton nicht zu gebrauchen sein wird.
Schließlich sollte man beim Aufzeichnen von Klängen selbst still sein, denn auch wenn man sich selbst gerne überhört, das Mikro nimmt alles was es kriegen kann mit, denn es hat nicht wie wir unbewusst arbeitende Filter mitlaufen.

 

Hat man dann eine brauchbare Aufnahme, kann man sie mit einem der zahlreichen im Netz kostenlos angebotenen Audioeditoren (z. B. Audacity, Ardour u.v.a.) bearbeiten, d.h. verändern, schneiden, mit anderen kombinieren und auch filtern, um zum Beispiel störende Geräusche wieder zu entfernen. Je besser aber die Klangqualität der Rohdateien ist, desto einfacher wird der spätere Zusammenschnitt und desto besser klingt die Endmischung.
Das Mischen und Mastern im Detail hier zu erklären, ginge zu weit, heutzutage findet man aber zahlreiche Foren und Hilfestellungen dazu im Netz. Auch Anleitungen, zur Bedienung einer jeweiligen Audiosoftware, findet man durch beispielsweise die Suche nach „Manual und Audacity“ zu genüge.
Eine Übersicht über gängige und freie Audioeditoren steht im Netz auch bei Wikipedia.
Und jetzt los, oder?

III Urheber- und Verwertungsrechte

Sampling (=klauen von fremden Sounds) ist eine tolle Sache. Warum etwas völlig neues kreieren, wenn die Welt voller guter Texte und Musik ist? Aus dem reichhaltigen Angebot, meistens schön handlich auf CD, Tape, im Internet oder LP vorhanden, wählt man ein Stück aus und verwendet es für seine eigene Schöpfung. Geladen in ein Editierprogramm des Computers, kann der gewählte Ausschnitt zu den eigenen Tönen und Texten gemischt werden.

 

Technisch ist das natürlich möglich. Doch gibt es beim Samplen Regeln, die unbedingt zu beachten sind. Bereits veröffentlichte Werke, also Text und Bild und Ton, sind geistiges Eigentum. Sie gehören demjenigen, der sie erdacht und erschaffen hat. Ebenso wie bei materiellem Eigentum, z.B. einem Auto, das man auch nicht ungefragt benutzen sollte.

 

In den meisten Fällen sind die Veröffentlichungen urheberrechtlich und verwertungsrechtlich geschützt. Der Schutz wird durch ein extrem unübersichtliches und äußerst kompliziertes Gesetzeswerk national und international geregelt. Wer unerlaubt verwertet, macht sich strafbar. Unwissenheit schützt auch in diesem Fall nicht vor Strafe.

 

Dennoch können fremde Materialien in die eigene Produktion einfließen. Schließlich braucht man nur das Radio einzuschalten, um sich davon zu überzeugen. Viele Songs kommen einem verdammt bekannt vor. Die Klassiker der Popgeschichte werden, leicht frisiert, immer wieder neu ins Rennen geschickt. Man muss jedoch in einem solchen Fall die verwendeten Materialien beim Urheber oder dessen Vertreter (i.d.R. Verlage und Label) anmelden.

 

Zur Orientierung in der Rechtefrage im Allgemeinen empfehlen wir ein Studium der „creative commons licence“ (cc)! Dort sind die wichtigsten Rahmengesetze juristisch haltbar formuliert.
Weitere Details zu den hoerspielbox-Dateien finden sich in den NUTZUNGSRECHTEN.

 

Immerhin: Wenn der Eigenanteil im Vergleich zum Anteil an Fremdmaterial überwiegt, hat man gute Chancen, selbst als Urheber anerkannt zu werden, kann also bedingt auch mit „fremden“ Samples arbeiten.

 

Radiosender verfügen über spezielle Verträge mit den Verwertungsgesellschaften (wie VG-Wort und GEMA). Soll ein Stück im Radio-Programm gesendet werden, melden die Sender die vom Autoren oder Komponisten eventuell verwendeten Texte und Musikstücke an. Man ist als Autor oder Komponist aber auch immer vertraglich verpflichtet, alle externen Quellen zu benennen. Deshalb sollte man bei der Produktion genau vermerken, welche Fremdmaterialien man verwendet hat. Dazu befinden sich Label Code (LC) und Urheberangaben auf dem Cover oder dem Tonträger. Wichtig ist auch, die genaue Länge der Stücke in Sekunden anzugeben. Die Sender halten für den Fall normalerweise ein Formular vor.
Will man im Internet veröffentlichen, ist das technisch easy, rechtlich aber nicht ohne. Am besten man verzichtet in diesem Falle auf das Samplen urheberrechtlich geschützter Materialien. Andernfalls muss man bei den Urhebern und ihren Vertretern anfragen und ggf. Verwertungs-Verträge mit ihnen schließen.

 

Einen passablen Einstieg in den aktuellen Stand der Rechte-Diskussion mit passenden Verweisen bietet das Netz selbst und dort z.B. Wikipedia mit dem Stichwort „Urheberrecht“.